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Brockwood Park School
 - Lernen zu Leben

In Südengland macht ein Internat mit einem ungewöhnlichen Schulkonzept zunehmend auf sich aufmerksam. In einer Atmosphäre ohne Druck lernen dort Jugendliche aus 20 Nationen vor allem eigenverantwortliches Handeln.

„Was macht Angst mit uns?“. Bill Taylor schaut gespannt in die neun nachdenklichen Gesichter vor ihm. „Sie hält uns davon ab, das zu tun, was wir beabsichtigen“, bringt schließlich eine Jugendliche hervor. Und ihr männlicher Nachbar ergänzt: „Angst bedeutet, sich unsicher zu fühlen und wir leisten dann nicht das, was wir könnten.“

Dies ist kein Dialog einer Selbsterfahrungsgruppe oder therapeutischen Sitzung. Das Gespräch ist vielmehr Alltag an der Brockwood Park School in der südenglischen Ortschaft Bramdean. Das Internat für rund 60 Jugendliche im Alter von 14 bis 19 Jahren ist seit mehr als 37 Jahren weltweit für seinen ungewöhnlichen Schulansatz bekannt. „Wir wollen die Jugendlichen in ihrer gesamten Entwicklung fördern, was weit über die rein akademische Ausbildung hinausgeht“, sagt Schuldirektor Bill Taylor. Und fügt hinzu: “Voraussetzung dafür ist eine Atmosphäre, in der jeder Verantwortung übernimmt und in der es keinen Druck gibt.“

Dass dieser Anspruch kein Wunschdenken ist, davon können sich vor allem die durch Pisa angestachelten deutschen Schulreformer jederzeit am Ort informieren. Die Schule in der englischen Region Hampshire zeichnet sich nicht nur durch ihre einzigartige Landschaft mit jahrhundertealten Bäumen aus. Auf dem ehemaligen Landsitz ist eine Bildungsstätte entstanden, die viele Pisa-Anforderungen wie die individuelle Förderung, das Verständnis zwischen den verschiedene Kulturen oder die erstklassige akademische Ausbildung vereint – und zwar in einem beispiellosen offenen Umgang zwischen Schülern und Lehrern. Kein Wunder, dass immer mehr Eltern nicht nur aus Deutschland auf Brockwood Park aufmerksam werden. Bereits heute stellen die elf deutschen Schüler die größte Gruppe der 20 Nationen umfassenden Internatsbewohner.

Initiator des Schulansatzes war der indische Philosoph Jiddu Krishnamurti. Mit seiner eigenen Stiftung erwarb er 1969 das wunderschöne Gelände in Südengland und gründete die Brockwood Park School. Unterstützung erhielt er von keinem geringeren als John Lennon. Der Ex-Beatle hatte ebenfalls Interesse an dem Anwesen und Krishnamurti mühelos überboten. Als Lennon aber von dessen Absichten erfuhr, trat er vom Kauf zurück.

Bis zu seinem Tod 1986 reiste Krishnamurti durch die Welt und hielt Vorträge sowie Gespräche über die Bedeutung des Lebens und die Entfaltung des menschlichen Potentials. Er forderte seine Zuhörer auf, die Welt selbst zu entdecken und keinen Autoritäten wie Organisationen, Religionen oder selbst ernannten Gurus zu folgen. Auch ihm selbst nicht. „Bildung im wahren Sinne des Wortes ist das Verstehen des eigenen Wesens“, sagte der Philosoph. Deshalb legte er in seiner Arbeit viel Wert auf das Entwickeln von Schulformen für Kinder und Jugendliche, die über die reine Wissensvermittlung hinausgehen. Dazu gründete Krishnamurti sieben Schulen in Indien, den USA und eben England.

Es ist kurz nach 12 Uhr. Im großen Saal des alten Gebäudes herrscht Ruhe. Mehrere Schüler lernen vertieft in ihre Bücher an den Essenstischen. Andere ruhen sich auf den gemütlichen Sofas aus oder lesen Zeitung. Ganz anders sieht es auf der anderen Seite des extra für die Schulzwecke umgebauten ehemaligen Landsitzes aus. In der großen Küche herrscht geschäftiges Treiben. Angeleitet durch eine Köchin bereiten rund zehn Schüler und einige Lehrer das Mittagessen vor. Sie schneiden Salat, schälen Gemüse oder backen Brot. Die rein vegetarische Küche ist eine Sache auf die sich die Schüler einstellen müssen.

Eine andere ist, dass Verantwortung in Brockwood weit mehr bedeutet als sich nur um die eigenen Schulfächer und Talente zu kümmern. „Hier muss jeder mit anpacken“, sagt die belgische Lehrerin Willeke Rietdijk. Da es keine Reinigungskräfte gibt, kochen die Schüler gemeinsam mit den Lehrern, reinigen das Geschirr, waschen Wäsche und putzen das Haus sowie die Zimmer. Neben den täglichen Essensvorbereitungen werden diese Arbeiten jeden Morgen zwischen 8.45 Uhr und 9.30 Uhr erledigt. Und es sind die Schüler selbst, die für das Verteilen der Aufgaben und dessen pünktliches Durchführen sorgen.

Für viele Jugendliche ist das eine große Herausforderung. „Nicht jeder kann mit dieser Verantwortung angemessen umgehen“, sagt Direktor Taylor, der seit zehn Jahren die Schule leitet. Er schaut sich daher auch genau an, wer für Brockwood geeignet ist. Basis dafür ist eine so genannte Probewoche, in der alle Bewerber in der Schule wohnen, die Abläufe kennen lernen und am Unterricht teilnehmen. Nach Ablauf der sieben Tage beraten dann alle 22 Lehrer und sonstige Angestellte gemeinsam mit den Schülern, wer im neuen Schuljahr aufgenommen wird. Über mangelnde Nachfrage nach einem der begehrten Internatsplätze kann Taylor dabei nicht klagen. „Im vergangenen Frühjahr mussten wir von den 60 Bewerbern 20 ablehnen“, blickt er auf das letzte Auswahlverfahren zurück.

Wer sich für das Leben in der Schulgemeinschaft bewährt, den erwarten ungeahnte Möglichkeiten. In Klassen von bis zu acht Schülern finden die Jugendlichen Bedingungen vor, von denen viele ihrer Altersgenossen nur träumen können. Gut ausgestattete Labore für die Naturwissenschaften gehören ebenso dazu wie ein freier Internetzugang sowie eine umfangreiche Bibliothek für die eigene Recherche oder jede Menge sportlicher Einrichtungen wie ein Fitnessstudio und ein Schwimmbad. Vor allem bietet die Schule aber eine optimale Ausstattung für verschiedene Handwerke wie die Holzbearbeitung, ein inspirierendes Kunstatelier nach dem sich so mancher Topkünstler sehnen würde und sogar ein Tonstudio, in dem jeder seine eigene Musik aufnehmen kann.

Überhaupt spielen Kunst, Theater und Musik eine große Rolle in Brockwood. „Der Ausdruck über die Künste ist ein sehr hilfreicher Weg, um sich und seine Fähigkeiten kennen zu lernen“, sagt Direktor Taylor. So liegen nicht nur überall in der Schule Gitarren herum, auf denen Schüler während des ganzen Tages immer wieder musizieren. Lehrer und Schüler spielen in gemeinsamen Bands. Es gibt regelmäßig Theateraufführungen. Oder die Jugendlichen entwickeln ganz eigene Projekte wie etwa der deutsche Moses Merkle, der in Brockwood seine Leidenschaft für das Filmemachen entdeckte. Nach dem Schulende studierte er Regie in England und drehte in 2001 als Abschlussprojekt eine beeindruckende Dokumentation über das Internat, die heute als Werbefilm für die Institution dient.

Gefördert wird die Suche nach den eigenen Talenten durch jeglichen Verzicht auf Druck. So erarbeiten alle Schüler mit ihrem Tutor einen individuellen Stundenplan. Zudem entscheidet jeder einzelne selbst, ob er oder sie Prüfungen ablegen und damit Noten erhalten will. „Die Mehrzahl der Schüler stimmt jedoch freiwillig dafür“, sagt Direktor Taylor. Und das, obwohl - anders als in Deutschland - der dem Abitur entsprechende A-Level-Abschluss für den Besuch einer Universität in England nicht unbedingt notwendig ist. Unabhängig von den Noten erhalten die Eltern außerdem zweimal im Jahr einen ausführlichen Bericht über die Entwicklung ihrer Kinder.

Auch die Hausaufgaben werden nicht durch Belohnung oder Strafe eingefordert. „Wir wollen die Jugendlichen anregen, die Dinge aus eigener Motivation zu tun“, sagt der aus Indien stammende Harsh Tankha, der seit 33 Jahren in Brockwood Physik und Mathematik unterrichtet. Desinteresse oder Abwesenheit vom Unterricht werden immer im Vier-Augen-Gespräch geklärt. Und wenn ein Schüler sich dennoch nicht auf die Schule einlässt, dann wird er auch schon einmal für ein oder zwei Wochen nach Hause geschickt, um darüber nachzudenken, was er eigentlich will.

Dass eine solche Lernkultur trotz aller Skepsis, die auch Lehrer Tankha bei seinem Start hatte, sehr erfolgreich sein kann, belegt die alle fünf Jahre stattfindende staatliche Schulprüfung. Letztmals nahmen die Inspektoren des britischen Office For Standards and Education die Schule im Mai 2005 für eine Woche unter die Lupe. Ihr Fazit: „Brockwood bietet eine qualitativ hochwertige Ausbildung in einer sicheren Atmosphäre, die die Schüler ermutigt, Verantwortung für sich und ihre Umwelt zu übernehmen.“

In der Praxis heißt das zum Beispiel, das die Schüler selbst für sinnvolle Veränderungen sorgen. So entwickelten einige von ihnen nicht nur eine Öko-Küche, die mit Sonnenkollektoren betrieben wird. Sie wachen auch darüber, dass sie sauber hinterlassen wird. Andere renovierten das Tonstudio oder bauten wie Rajesh Ranganathan ein Labor für molekulare Biologie auf. „Ich habe einfach bei Firmen nach ausrangierten Geräten gefragt und schon wenige Tage später wurde das Material kostenlos geliefert“, sagt der Inder, der Brockwood Ende der achtziger Jahre besuchte und heute als Manager beim Pharmakonzern Novartis arbeitet.

Seine Eigeninitiative begann allerdings schon viel früher. Als er erfuhr, dass ein für die Instandhaltung zuständiger Schulmitarbeiter molekulare Biologie in den USA studiert hatte, löcherte er diesen so lange, bis dieser ihn gegen seine anfänglichen Widerstände unterrichtete. Und Ranganathan profitierte nicht als einziger davon. Denn der Mitarbeiter entdeckte erst auf diese Weise seine Leidenschaft für das Unterrichten und betreut heute mehrere Fächer wie etwa Spanisch.

Der Einfluss der Schüler geht in Brockwood aber noch viel weiter. Einmal in der Woche treffen sich alle Bewohner des Internats, um drängende Themen zu besprechen. Darüber hinaus wird ein fünf-köpfiger Schülerrat immer wieder in Entscheidungen des Leitungspersonals einbezogen. Als Direktor Taylor im September 2006 etwa einen Schüler wegen ständigen Störens suspendieren wollte, plädierte der Schülerrat dafür, ihm eine Woche Bewährung einzuräumen. Und die Entscheidung hatte Erfolg. Der betreffende Schüler änderte angesichts der möglichen Konsequenzen sein Verhalten.

Ein anderes Beispiel für den Einfluss der Schüler ist der im vergangenen Schuljahr geäußerte Wunsch des Schülerrats, einen Einblick in die Verwendung der finanziellen Mittel zu erhalten. „Darauf hin haben wir Lehrer und Angestellte entschieden, das Budget allen Schülern offen zu legen und sie um eigene Vorschläge zu bitten“, sagt der Lehrer Lorenzo Castellari. Diese folgten prompt. So erklärten die Jugendlichen etwa das Kühlen des Trinkwassers für überflüssig. Aus ihrer Sicht könnte das Geld sinnvoller ausgegeben werden.

In Brockwood gilt eine solche Offenheit als grundlegend, um die Jugendlichen zu eigenständigen und selbstverantwortlichen Individuen zu erziehen. „Wir streben an, immer den ganzen Menschen zu betrachten“, sagt Lehrer Tankha. Für ihn bedeute das vor allem, sich um die innere Entwicklung jedes Einzelnen zu kümmern. Denn aus seiner Sicht seien 95 Prozent des Lernens nur eine Frage, was in den Menschen vorgehe. „Die Motivation, sich für etwas zu engagieren, kommt von innen und nicht durch äußere Anreize“, fährt er fort. In seinem Mathematik- und Physik-Unterricht lässt er die Schüler daher viel experimentieren. Tanhka: „Es geht darum, dass sie das Wesen der Fächer verstehen.“ Durch stures Auswendiglernen lasse sich ein Thema nicht tiefgreifend erfassen, geschweige denn Begeisterung entfachen.

Das Reflektieren der eigenen Person zieht sich durch den gesamten Alltag in Brockwood. So gehört das morgendliche Yoga im ersten Schuljahr zum Pflichtunterricht. Ebenso haben alle Schüler jeden Morgen um acht Uhr zu einem gemeinsamen zehn-minütigen Treffen in Stille zu erscheinen. Darüber hinaus nimmt jeder einmal in der Woche an den so genannten Krishnamurti-Klassen teil. In der andächtigen Atmosphäre der alten holzvertäfelten Bibliothek mit dem beruhigenden Blick auf die überwältigende Landschaft des Anwesens vertiefen die Schüler Fragen zum Leben und ihrer inneren Wahrnehmung. Zum Beispiel: Wie entsteht Eifersucht? Woher kommen Vorurteile? Was ist Freiheit? Was bedeutet Intelligenz und Bewusstheit? Was ist unter Religion zu verstehen? Und wie ist die menschliche Beziehung zur Natur?

Letzteres müssen die Jugendlichen auch ganz praktisch entdecken. Denn der landwirtschaftliche Anbau ist ebenfalls für alle ein Pflichtfach. In dem großen Gemüse- und Obstgarten, mit dem sich die Schule selbst versorgt, lernt jeder Schüler eine kleine Parzelle selbst zu bewirtschaften.

Vorgefasste Antworten auf die Fragen des Lebens gibt es nicht. Vielmehr erforschen die Schüler an eigenen Beispielen gemeinsam mit den Lehrern, was die Themen für ihren Alltag bedeuten. „Das Hinterfragen ist einer der wichtigsten Grundsätze hier in Brockwood“, sagt Direktor Taylor. Nur so könnten die Jugendlichen sich und ihre Umgebung besser verstehen. Das bestätigen auch die Schüler. „Hier setze ich mich mit Fragen auseinander, über die ich nie alleine nachgedacht hätte und das macht mich unabhängiger von anderen“, sagt Lucille Demory aus Frankreich. Und ihr deutscher Mitschüler im Abschlussjahrgang Gregor Czimmek ergänzt: „Brockwood hilft einem, offen für Neues zu werden.“

Zu Gute kommt ihnen dabei auch die große kulturelle Vielfalt unter den Schülern und Lehrern. Rund 25 verschiedene Nationen leben in Brockwood unter einem Dach. Trotz des großen Bemühens um Eigenverantwortung funktioniert der Schulalltag jedoch auch hier nur mit Regeln. So werden alle um 7 Uhr aus den Federn geklingelt und um 22 Uhr herrscht Bettruhe. Zudem sind Alkohol, Drogen und auch sexuelle Beziehungen verboten. Wenn doch jemand dagegen verstößt und etwa Bier zu einer Party mitbringt, sorgen allerdings wiederum die Schüler - mit Unterstützung der Lehrer - selbst dafür, dass so etwas nicht wieder passiert.

Bei so viel Aufmerksamkeit für das Wohl der Jugendlichen, verwundert es nicht, dass die Nachfrage nach den Internatsplätzen derzeit groß ist. Doch das war nicht immer der Fall in der 38-jährigen Geschichte der Schule. „Ende der neunziger Jahre war unsere Existenz durch eine angespannte finanzielle Lage bedroht“, blickt Direktor Taylor zurück. Mit Hilfe von Sponsoren wie etwa des bekannten deutschen Ex-Unternehmers Friedrich Grohe konnte das innovative Schulkonzept aber bewahrt werden.

Ganz ohne Spenden kommt die Institution allerdings auch heute nicht aus. Die Jahresgebühr für den Schulbesuch von rund 19000 Euro deckt nicht das notwendige Budget in Höhe von ungefähr 1,1 Millionen Euro. Zumal bis zu einem Drittel der Schüler ein Stipendium in Form eines finanziellen Nachlasses gewährt wird.

Die Folgen spüren vor allem die Lehrer. Denn wer in Brockwood arbeitet, interessiert sich nicht nur für die Philosophie Krishnamurtis, sondern tut dies vor allem aus Leidenschaft. „Alle Angestellten erhalten nicht mehr als den Minimumlohn“, sagt Dave Robertson. Der 49-jährige zeichnete sich von 1992 bis 2004 für die Finanzen in Brockwood verantwortlich. Rund 380 Euro verdiente er damals pro Monat. „Da meine Frau auch arbeitete, fehlte es uns und unseren zwei Kindern aber an nichts“, sagt Robertson, der schließlich dennoch die Schule wegen des zu geringen Lohnes verließ.

Seither hat sich die Situation für die Lehrer etwas entspannt. Denn die britische Regierung vervierfachte den Mindestlohn in 2005. Trotzdem ist für Direktor Taylor die Situation unbefriedigend, obwohl er sich über mangelnde Bewerbungen von guten Lehrkräften nicht beklagen kann: „Das niedrige Gehalt fördert nicht wirklich ein Familienleben“, sagt er, auch wenn es ihn persönlich davon nicht abgehalten hat. Taylor ist verheiratet und hat eine Tochter.

Brockwood ist der gebürtige Neuseeländer bereits seit 1984 treu, als er dort zum ersten Mal seine Lehrtätigkeit begann. Es sind aber nicht nur die Lehrer, die sich für das innovative Bildungskonzept stark machen. Die meisten Schüler bleiben der Institution nach ihrem Abschluss eng verbunden. Auch wenn das manchmal einige Zeit dauert. „In den ersten Jahren nach dem Weggang beklagen sich viele, dass wir sie nicht ausreichend auf das wirkliche Leben vorbereiteten“, berichtet Lehrer Tankha. „Doch spätestens nach zehn Jahren erkennen sie, was sie hier wirklich gelernt haben.“

„Die Schüler erfahren in Brockwood die Freiheit, sich selbst und ihre Leidenschaften kennen zu lernen und das Leben nicht als Kampf gegen Stress anzusehen“, fasst etwa Firas Zenie seine wichtigste Erfahrung zusammen. Der 26-jährige Franzose besuchte von 1995 bis 1998 die Schule und arbeitet heute in London als Aktienhändler in einer großen internationalen Bank. Dem stimmt auch die 28-jährige Sadia Abdullah zu, die in London Traditionelle Künste studiert. „Ich lernte, mich zu reflektieren und zwar auf eine spielerische und ermutigende Art.“

Valentin Gerlier dagegen beeindruckte der intensive Kontakt zur Natur. „Da ich immer in einer Stadt gelebt hatte, öffnete mir die unglaubliche Schönheit und Ruhe von Brockwood die Augen für die Vielfalt im Leben und mein Interesse für Musik“, sagt der Profimusiker, der zur Zeit seine Doktorarbeit in Philosophie und Religionswissenschaften ablegt.

Brockwood-Absolventen finden sich in allen Berufszweigen. Was ihnen allen gemein scheint, ist die Bereitschaft, nichts im Leben einfach hinzunehmen. „Wenn ich etwas gelernt habe, dann ist es das radikale Hinterfragen des Denkens unserer Zeit und aller versteckter Werte, die unseren Alltag prägen“, erläutert Musiker Gerlier, der 1997 das Internat verließ. Und Novartis-Manager Rajesh Ranganathan stellt seinen stressigen Beruf immer wieder auf den Prüfstand: „Wenn ich nicht mehr dahinter stehe und mein bestes geben kann, dann lasse ich es.“ Viele wollen diese Möglichkeiten des reflektierenden Lernens inzwischen gerne an ihre Kinder weitergeben, wie etwa Wolfgang Dumat. Der deutsche Diplom-Psychologe, der in der Schweiz als Schmerztherapeut tätig ist, besuchte von 1970 bis 1972 als einer der ersten Schüler Brockwood. Anfang Oktober 2006 kehrte er mit seinen eigenen Kindern zurück. „Sie sollten sich die Schule einmal ansehen und sie waren begeistert“, freut sich Dumat.

 

Oktober 2006

© Text: Erik Prochnow; Fotos: Michaela Markovicova, 2006

 

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